Wer gut deutsch kann, der weiß schon aus der Überschrift eindeutig, worum es geht. Allen anderen kann diese Anleitung helfen, ihre Irrtümer einzusehen: Setzt sie ein, um die Unwissenden von ihren Fehlern zu erlösen. Doch Obacht: Damit sie ihre volle Wirkung entfalten kann, muss auf Details geachtet werden.
Kategorie: Aktionen
Atomsuppe selbst auslöffeln!
Heute Nacht war ich zu Gast bei der Nachttanzblockade Karlsruhe. Es war kalt und unbequem – aber es hat sich gelohnt. Die Atomkraftwerke bleiben zwar in Betrieb, doch allein die Erfahrung war es wert.
Erfahrungsbericht
Los ging es um 20:00 bei einem Partyzelt in Neureut. Einem der Karlsruher Stadtteile, die der Atommüll passieren würde. Die Stimmung unter den Demonstranten war locker. Es wurden Informationen ausgeteilt, wie man sich verhalten sollte. Und Kissen, um es sich später bequem zu machen. Als Neuling fühlte ich mich zunächst etwas unsicher, schließlich würden Teilnehmer der Demonstration heute Nacht bewusst gegen das Gesetz verstoßen. (Im Grunde steht die Blockade des Castors strafrechtlich auf einer Stufe mit Falschparken[1], aber es fühlt sich doch anders an.)
Als die Gruppe zu den Gleisen aufbrach, wurde schnell klar, dass die Polizei die Intention der Organisatoren richtig eingeschätzt hatte: In der Nähe des einzigen Stücks der Wegstrecke, auf dem neben dem Castor kein anderer Zug blockiert werden würde, waren bereits Scheinwerfer positioniert. Wir, eine Gruppe von etwa 700 Demonstranten, setzen uns in einen noch dunklen Bereich und machten es uns auf den Kissen gemütlich. Der Mond schien hell und die Gruppe sang. Zumeist über Atomkraft, aber auch „Pippi Langstrumpf“ wurde bemüht. Ein paar Anhänger der Linksjugend sangen die Internationale bis sie merkten, hier niemanden anstecken würden.
Mittlerweile war die Polizei am Gleisbett angelangt. Wir erzählten uns Witze und freuten uns besonders, wenn wir die Beamten des Nachts zum Schmunzeln bringen konnten. Sie waren sehr freundlich und nach den obligatorischen drei Platzverweisen trugen sie alle noch auf dem Gleis befindlichen Demonstranten behutsam in ein Gefangenenlager. Ich konnte es mir nicht verkneifen, einen der Beamten zu fragen, ob die Zahl der Demonstranten denn gewöhnlich sei. Die Antwort überraschte mich dann schon etwas: „Die Laufzeitverlängerung war eine dämliche Entscheidung.“
Als die Gleise frei waren, näherte sich der Transport durch das dicht bebaute Wohngebiet. Vorbei an Wohnhäusern, womöglich keine 50 Meter neben den Bettchen von schlafenden Kleinkindern. Der von mir gefragte Polizist bleib nicht der einzige, der sich kritisch gegenüber Atomkraft äußerte, nur hatten sie nun mal ihren Job zu erfüllen. Zu diesem gehörte leider auch, uns festzuhalten, bis der Castor die Stadt verlassen hatte. So konnten wir mit von der Demonstrationsleitung organisiertem warmem Tee unter Aludecken auf den Sonnenaufgang warten. Mit dem Tagesanbruch wurde das Lager aufgelöst. Wir waren müde und erschöpft, aber glücklich[2]. Insgesamt hatten wir dem Transport etwa drei Stunden abgenommen.
Motivation
Warum ich dort war? Atomkraftgegner bin ich seit langem, aktiv bin ich erst seit der Laufzeitverlängerung. Und da der Ausstieg schon ein Mal geglückt ist, kann es auch ein zweites Mal klappen. (Dieses Mal dann dank der Erfahrung Möglichkeit zum Wiedereinstieg.)
Mein Argument gegen Atomkraft ist vor allem ihr Preis. Zwar wird immer gern behauptet, der Strom sei „billig“ doch stimmt das maximal auf der Rechnung[3], nicht aber insgesamt. So kostet der Rückbau der Wiederaufbereitungsanlage in Karlsruhe nach momentanen Schätzungen 2,68 Milliarden Euro, von denen die Atomindustrie gerade mal 512 Millionen Euro zahlt. Dementsprechend wird die Atomkraft in diesem Beispiel zu 84%(!) aus Steuergeldern finanziert. Müsste die Atomindustrie ihre Kosten selber tragen, würde das auf diesen Fall reduziert einen 6,23 Mal höheren Strompreis bedeuten. (Die Kosten für die ebenfalls zum größten Teil aus Steuergeldern finanzierte und noch viel teurere Lagerung sind hier noch nicht mit einbezogen.) Der Preis für Atomkraft steht also nicht auf der Stromrechnung, sondern auf dem Steuerbescheid.
Das zweite Problem hängt eng mit dem ersten zusammen. Es ist die Monopolbildung. Atomkraftwerke lassen sich nicht nach Bedarf steuern, erzeugen also unabhängig von der Nachfrage Strom. Da eine Überproduktion das Netz instabil werden lässt, müssen also bei niedrigerem Bedarf die Betreiber anderer Kraftwerke zurückstecken. So kommt es, dass vier große Stromkonzerne in Deutschland die Preise faktisch nahezu diktieren können. Dass es auch ohne Atomkraft ginge, zeigen die Notabschaltungen (u.a. wegen mangelnder Kühlung) im vergangene Jahr. Obwohl zeitweise kaum Atomkraft im Energiepool vorhanden war, bleib der Strompreis (ebenso wie die Versorgungsleistung) stabil. Die Zwangsversorgung mit teurem Atomstrom aber verhindert, dass sich neue, günstigere Anbieter am Markt etablieren können, die womöglich in einen direkten Preiskampf übergehen könnten.
- [1]In beiden Fällen handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, nicht um Straftaten.↩
- [2]Besonders glücklich waren diejenigen, die ihren Ausweis vergessen hatten: Er war kein einziges Mal verlangt worden. Damit war alle Verunsicherung grundlos gewesen.↩
- [3]Wobei ich seit meinem Wechsel auf Ökostrom weniger für Stom bezahle, als zur Zeit, die mir EnBW Atomstrom ins Haus gepumpt hat. Und dann hat sich die EnBW auch noch erdreistet, aufgrund von Ökostromumlagen noch mehr Geld zu verlangen als den ohnehin schon überteuerten Preis.↩
Nationaler Korruptionstag
Aufgrund des immer wieder aufflammenden Verdachts, dass unsere Regierungen Entscheidungen gegen den Willen des Volkes durchsetzen und dass womöglich Korruption im Spiel sein könnte, möchte ich für das Jahr 2011 einen Nationalen Korruptionstag vorschlagen. Das Ziel ist klar: Wir kaufen unsere Regierungen (zurück).
Am Nationalen Korruptionstag sollten nach meiner Vorstellung möglichst viele Spenden gesammelt werden, um den gesammelten Betrag dann dem machthabenden Personenkreis anzubieten. Zwar lassen sich damit am Volk vorbei getroffene Entscheidungen[1] nicht unbedingt reparieren, allerdings können wir uns so wenigstens für die nächsten Vorhaben rüsten. Es gibt auch schon einen Plan B, falls wieder erwarten keine Partei den voraussichtlich gigantischen Betrag annehmen möchte: Das Geld könnte zum Kampf gegen die Korruption eingesetzt werden. Wenn das Volk seine Regierung nicht kaufen kann, soll es bitte auch niemand sonst tun.
1: Stuttgart21, der neue JMStV, der Wiedereinstieg in die Atomenergie, um nur einige zu nennen.
Bürgergeld Petition (Update)
Leider habe ich es nicht vorher bemerkt, doch es läuft unter https://epetitionen.bundestag.de eine Petition, die das bedingungslose Grundeinkommen einführen will. Die Frist wäre heute abgelaufen, doch scheint sie wegen Serverproblemen um eine Woche verlängert worden zu sein. Der Betrag ist mit „ca. 1500€ für jeden Erwachsenen und 1000€ für jedes Kind“ angesetzt und damit viel höher als in meinem groben Überschlag in meinem letzten Artikel. Da ich selber keine belastbaren Zahlen über positive Effekte des Bürokratieabbaus oder des Geldes auf den Konsum habe, kann ich leider den Betrag nicht kommentieren.
(via Heise.de)
Update: Die Petition wurde insgesamt 52973 Mal unerzeichnet und befindet sich nun „in der parlamentarischen Prüfung“. Bei dieser Anzahl von Stimmen wird nicht nur „von mindestens zwei Abgeordneten“, sondern vom „Petitionsausschuss öffentlich beraten“. Dabei erhält der Petitionssteller Rederecht. Zumindest ist das der Regelfall. Eine feste Regelung schein hier nicht zu bestehen.