Bürgergeld Petition (Update)

Leider habe ich es nicht vorher bemerkt, doch es läuft unter https://epetitionen.bundestag.de eine Petition, die das bedingungslose Grundeinkommen einführen will. Die Frist wäre heute abgelaufen, doch scheint sie wegen Serverproblemen um eine Woche verlängert worden zu sein. Der Betrag ist mit „ca. 1500€ für jeden Erwachsenen und 1000€ für jedes Kind“ angesetzt und damit viel höher als in meinem groben Überschlag in meinem letzten Artikel. Da ich selber keine belastbaren Zahlen über positive Effekte des Bürokratieabbaus oder des Geldes auf den Konsum habe, kann ich leider den Betrag nicht kommentieren.

(via Heise.de)

Update: Die Petition wurde insgesamt 52973 Mal unerzeichnet und befindet sich nun „in der parlamentarischen Prüfung“. Bei dieser Anzahl von Stimmen wird nicht nur „von mindestens zwei Abgeordneten“, sondern vom „Petitionsausschuss öffentlich beraten“. Dabei erhält der Petitionssteller Rederecht. Zumindest ist das der Regelfall. Eine feste Regelung schein hier nicht zu bestehen.

Bürgergeld

Eine Möglichkeit, den Markt zu reparieren und gleichzeitig für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, wäre, die Notwendigkeit zu Arbeiten abzuschaffen. Natürlich klingt dieser Vorschlag zunächst unglaublich, aber es geht hier nur um die absolute Lebensnotwendigkeit für den Einzelnen. Die Vorstellung, dass niemand mehr arbeiten braucht bleibt utopisch – oder je nach Betrachtungsstandpunkt dystropisch..

Eine Möglichkeit in diese Richtung wäre bedingungsloses Arbeitslosengeld, auch wenn man nicht nach Arbeit sucht. In den Augen vieler besteht dieser Zustand schon, doch das Bild von „asozialen Zecken“, die auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung leben, mutet doch arg rechtspopulistisch an. Außerdem fällt die Sozialhilfe weg, sobald man beginnt zu arbeiten. Es ergibt sich eine Situation, in der ein Mindestlohn durch die Hintertür eingeführt wird. Diesen habe ich bereits behandelt und werde daher hier nicht mehr auf diesen eingehen. Insgesamt kann die Sozialhilfe gar als asozial angesehen werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine bedingungslose Zahlung an alle, auch die arbeitenden Menschen. Die Zahlung müsste hoch genug sein, um davon zu leben. Natürlich soll der Betrag keinen Luxus bieten, sodass ein Anreiz zu arbeiten besteht. Dadurch würde sich der Marktdefekt beheben lassen, jeder Mensch hätte eine grundlegende Existenzsicherung. Nehmen wir nun als Richtwert den Sozialhifesatz von monatlich rund 350€ pro Erwachsener, alleinstehender Person. Wenn jeder Deutsche (inklusive Kindern, das würde nebenbei den Anreiz Kinder zu bekommen erhöhen) bedingungslos eine solche Zahlung erhielte, wären das überschlagen im Jahr:

Kosten: 350€/Person/Monat * 12 Monate * 82.000.000 Deutsche = 344,4Mrd. €

Diese Summe klingt gewaltig, würde aber einige momentan geleistete Zahlungen des Staates ablösen. Zudem könnte für Kinder ein niedrigerer Satz (Kindergeld beträgt monatlich 150€) gewählt werden. Es würde natürlich das Arbeitslosengeld II (41Mrd.€) überflüssig, zudem würde wie bereits angedeutet das Kindergeld (35 Mrd.€) wegfallen, da dieses ohnehin viel geringer ist als der veranschlagte Satz von 350€. Des weiteren könnten zur Finanzierung dieser radikalen Maßnahme die Renten (235Mrd.€) und das Arbeitslosengeld I (50Mrd.€) gestrichen werden. An dieser Stelle möchte ich noch zu bedenken geben, dass einige Rentner sogar weniger als den Sozialhifesatz bekommen.

Finanzierung: 50Mrd.€ + 41Mrd.€ + 235Mrd.€ + 35 Mrd.€ = 361Mrd.€

(ALG1 + ALG2 + Rente + Kindergeld)

Insgesamt ergibt sich ein Betrag von 361Mrd.€, was mehr als genug ist. Weitere Leistungen, die (wie Bafög-Zahlungen, 1Mrd.€ Zuschüsse im Jahr) obsolet würden, sowie Einsparungen durch den Bürokratieabbau sind hier noch nicht mit eingerechnet. Positive Impulse für die Wirtschaft, wie sie durch Behebung des Marktdefektes zu erwarten wären, sind ebenfalls noch außen vor gelassen. Finanzierbar wäre diese Maßnahme also sogar bei extrem konservativer Recnung. Weiterhin könnten natürlich sogar sozial verträglich die Steuern erhöht werden, da das Grundeinkommen ohnehin gesichert ist. Aber diese Überlegungen gehen an dieser Stelle zu weit. Es ging mir vor allem darum, die Möglichkeit aufzuzeigen sowie die grundsätzliche Finanzierbarkeit darzulegen.

Nähere Betrachtung

Nachdem nun mehrfach in Kommentaren unterstrichen wurde, dass gleiche Gewichtung der Wähler zentrale Rolle in der Demokratie spiele, bin ich auf die Idee gekommen, dass soziale Grundsicherung als eine Art Kompensation für die ungleichmäßige Stimmverteilung angesehen werden könnte. Nach längerer Überlegung sind mir noch weitere Mechanismen aufgefallen, die ähnliche Effekte haben. So besitzen wir ein progressives Steuersystem, das besser Verdienende nicht nur absolut sondern auch prozentual gesehen stärker belastet. Ich werde nun in den folgenden Beiträgen jeweils verschiedene Formen der Kapitalumverteilung von Reich nach Arm (Weiß jemand ein besseres neutrales Wort?) untersuchen und feststellen, in wie fern sie die in meinem letzten Betrachtung aufgezeigten Verstöße gegen Wahlrechtsgrundsätze beseitigen und in wie fern sie neue Probleme aufwerfen.