#Drosselkom
– Der (obligatorische) Autovergleich

Seit diesem Monat bietet die Telekom nur noch Tarife mit eingebauter Drossel an. Wer im Monat mehr als ein bestimmtes Datenvolumen verbraucht, bekommt nur noch 384 kbit/s (in Worten: Null Komma Drei Acht Vier Mbit pro Sekunde). Das Besondere: Telekom-eigene Dienste wie Entertain sind als „managed services“ aus dem Datenvolumen ausgenommen. Da aber die Problematik um die Netzneutralität nicht unbedingt für alle leicht greifbar ist, hier der (obligatorische) Autovergleich:

Autobahnbild: CC-BY-NC-SA Andreas Levers, Verkehrsschilder: Wikimedia Commons. Motiv: zusammengefrickelt von Thilo Specht.
Autobahnbild: CC-BY-NC-SA Andreas Levers, Verkehrsschilder: Wikimedia Commons. Motiv: zusammengefrickelt von Thilo Specht.

Stellen wir uns vor, alle Straßen in Deutschland würden einer Automarke gehören – sagen wir, BMW. Bisher gibt es eine monatliche Pauschale: Wer 50€ zahlt, darf die Straßen nutzen, so viel er will. Das funktioniert auch ganz gut – natürlich fahren die einen mehr und andere weniger. Nun aber gibt es eine Tarifreform: Wer mehr als 750km im Monat fährt, darf nur noch mit Schrittgeschwindigkeit fahren. BMW verteidigt sich: Diese Grenze betreffe ohnehin nur Vielfahrer, man würde irgendwann neue („etwas teurere“) Tarife einführen, mit denen man dann weiter fahren darf. Zudem seien Fahren mit dem BMW als „magnified experience“ keine gewöhnlichen Fahrten und somit von der Kilometerbegrenzung ausgenommen.

Der interessanteste Punkt steckt dabei im letzten Satz. Zurücktransferiert auf das Internet bedeutet das: Wer Lovefilm, Maxdome, Youtube oder andere Videodienste nutzen möchte, wird gegenüber Entertain benachteiligt. Dass uns zukünftig Schrittgeschwindigkeit droht, lenkt davon ab, dass das Internet nach Telekom-Plänen zu einer Einbahnstraße werden soll: Während bisher jeder Mensch frei Inhalte einstellen konnte, muss man künftig ein „managed service“ der Telekom werden, damit andere auch darauf zugreifen können.

Nationaler Korruptionstag

Aufgrund des immer wieder aufflammenden Verdachts, dass unsere Regierungen Entscheidungen gegen den Willen des Volkes durchsetzen und dass womöglich Korruption im Spiel sein könnte, möchte ich für das Jahr 2011 einen Nationalen Korruptionstag vorschlagen. Das Ziel ist klar: Wir kaufen unsere Regierungen (zurück).

Am Nationalen Korruptionstag sollten nach meiner Vorstellung möglichst viele Spenden gesammelt werden, um den gesammelten Betrag dann dem machthabenden Personenkreis anzubieten. Zwar lassen sich damit am Volk vorbei getroffene Entscheidungen[1] nicht unbedingt reparieren, allerdings können wir uns so wenigstens für die nächsten Vorhaben rüsten. Es gibt auch schon einen Plan B, falls wieder erwarten keine Partei den voraussichtlich gigantischen Betrag annehmen möchte: Das Geld könnte zum Kampf gegen die Korruption eingesetzt werden. Wenn das Volk seine Regierung nicht kaufen kann, soll es bitte auch niemand sonst tun.

1: Stuttgart21, der neue JMStV, der Wiedereinstieg in die Atomenergie, um nur einige zu nennen.

Bürgergeld

Eine Möglichkeit, den Markt zu reparieren und gleichzeitig für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, wäre, die Notwendigkeit zu Arbeiten abzuschaffen. Natürlich klingt dieser Vorschlag zunächst unglaublich, aber es geht hier nur um die absolute Lebensnotwendigkeit für den Einzelnen. Die Vorstellung, dass niemand mehr arbeiten braucht bleibt utopisch – oder je nach Betrachtungsstandpunkt dystropisch..

Eine Möglichkeit in diese Richtung wäre bedingungsloses Arbeitslosengeld, auch wenn man nicht nach Arbeit sucht. In den Augen vieler besteht dieser Zustand schon, doch das Bild von „asozialen Zecken“, die auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung leben, mutet doch arg rechtspopulistisch an. Außerdem fällt die Sozialhilfe weg, sobald man beginnt zu arbeiten. Es ergibt sich eine Situation, in der ein Mindestlohn durch die Hintertür eingeführt wird. Diesen habe ich bereits behandelt und werde daher hier nicht mehr auf diesen eingehen. Insgesamt kann die Sozialhilfe gar als asozial angesehen werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine bedingungslose Zahlung an alle, auch die arbeitenden Menschen. Die Zahlung müsste hoch genug sein, um davon zu leben. Natürlich soll der Betrag keinen Luxus bieten, sodass ein Anreiz zu arbeiten besteht. Dadurch würde sich der Marktdefekt beheben lassen, jeder Mensch hätte eine grundlegende Existenzsicherung. Nehmen wir nun als Richtwert den Sozialhifesatz von monatlich rund 350€ pro Erwachsener, alleinstehender Person. Wenn jeder Deutsche (inklusive Kindern, das würde nebenbei den Anreiz Kinder zu bekommen erhöhen) bedingungslos eine solche Zahlung erhielte, wären das überschlagen im Jahr:

Kosten: 350€/Person/Monat * 12 Monate * 82.000.000 Deutsche = 344,4Mrd. €

Diese Summe klingt gewaltig, würde aber einige momentan geleistete Zahlungen des Staates ablösen. Zudem könnte für Kinder ein niedrigerer Satz (Kindergeld beträgt monatlich 150€) gewählt werden. Es würde natürlich das Arbeitslosengeld II (41Mrd.€) überflüssig, zudem würde wie bereits angedeutet das Kindergeld (35 Mrd.€) wegfallen, da dieses ohnehin viel geringer ist als der veranschlagte Satz von 350€. Des weiteren könnten zur Finanzierung dieser radikalen Maßnahme die Renten (235Mrd.€) und das Arbeitslosengeld I (50Mrd.€) gestrichen werden. An dieser Stelle möchte ich noch zu bedenken geben, dass einige Rentner sogar weniger als den Sozialhifesatz bekommen.

Finanzierung: 50Mrd.€ + 41Mrd.€ + 235Mrd.€ + 35 Mrd.€ = 361Mrd.€

(ALG1 + ALG2 + Rente + Kindergeld)

Insgesamt ergibt sich ein Betrag von 361Mrd.€, was mehr als genug ist. Weitere Leistungen, die (wie Bafög-Zahlungen, 1Mrd.€ Zuschüsse im Jahr) obsolet würden, sowie Einsparungen durch den Bürokratieabbau sind hier noch nicht mit eingerechnet. Positive Impulse für die Wirtschaft, wie sie durch Behebung des Marktdefektes zu erwarten wären, sind ebenfalls noch außen vor gelassen. Finanzierbar wäre diese Maßnahme also sogar bei extrem konservativer Recnung. Weiterhin könnten natürlich sogar sozial verträglich die Steuern erhöht werden, da das Grundeinkommen ohnehin gesichert ist. Aber diese Überlegungen gehen an dieser Stelle zu weit. Es ging mir vor allem darum, die Möglichkeit aufzuzeigen sowie die grundsätzliche Finanzierbarkeit darzulegen.

Sozialhilfe und Lohnzuzahlungen

Wie Bomret in einem Kommentar bemerkt (und als unzureichend kritisiert) hat, ist eine weitere momentan gebräuchliche Methode zur sozialen Absicherung und zur Erhaltung der Lebens- und wirtschaftlich- sozialen Mitwirkungsgrundlagen das Aufstocken des Einkommens bestimmter Menschen, die ohne diese Maßnahme unter eine gewisse Untergrenze fallen. Er begründet – wie es bei Befürwortern des Mindestlohnes oft der Fall ist – durch die notwendige Zuzahlung des Staates den Mindestlohn, durch den eine Zuzahlung nicht mehr nötig wäre und eine Sozialisierung der Produktionskosten gestoppt werden könne.

Dieser Einwurf stellt allerdings auch die Frage nach dem Sinn und Unsinn von Lohnzuzahlungen und Sozialhilfe generell. Erstere scheint Arbeitgeber dazu zu bringen, weniger Gehalt zu zahlen, denn durch die staatliche Zuzahlung wird sich dennoch jemand für den Job finden. Hier entstehen zwei Probleme:

  1. Wie von Bomret angesprochen werden real existierende Produktionskosten eines Gutes auf die Gesellschaft abgewälzt. Der Arbeitgeber kann Leistung unter Wert erhalten und sich so bereichern. Hier werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert.
  2. Einem rein wirtschaftlich denkenden Arbeitnehmer ist es relativ egal, woher sein Geld stammt. Somit besteht für ihn kein Anreiz, einen Job anzunehmen, der weniger „gefördert“ werden muss. Nehmen wir an, dass die Arbeitgeber ehrlich sind und immer der Arbeit angemessenes Gehalt auszahlen, entsteht eine Schieflage zugunsten der Arbeit, welche der Gesellschaft weniger Wohlstandsgewinn bringt. Sollte (was ja nahe liegt, denn sonst würde der Arbeitgeber wohl mehr Geld dafür zu zahlen bereit sein) die weniger bezahlte Arbeit angenehmer zu erledigen sein, verstärkt sich dieser Effekt noch. Betrachtet man zusätzlich Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, wird sie schließlich so gewaltig, dass es sich womöglich überhaupt nicht mehr lohnt, überhaupt zu arbeiten.

Die altliberale¹ bis rechtspopulistische Antwort auf das zweite Problem ist schnell erläutert: Man kürze Sozialleistungen so weit es geht, dann wird schon jeder einen noch so schlecht bezahlten Job nehmen. Arbeitslose sind ohnehin nur faul und müssen gezwungen werden zu arbeiten. Und wenn sie gut arbeiten, werden sie auch genug Geld bekommen, der heilige, unfehlbare Markt wird alles richten.

Doch so einfach ist es nicht. Wie schon in meinem letzten Beitrag erläutert, führt nicht ein mal Vollbeschäftigung zwangsläufig zu ausreichend hohen Löhnen. Sind also doch Mindestlöhne die Lösung aller Probleme? Durch diese würde doch der Anreiz zu arbeiten deutlich erhöht und die Konzentration des Kapitals erschwert. Leider nicht, denn neben den in meinem Artikel zum Mindestlohn bleibt auch die Schieflage zugunsten einfacherer Arbeit zum gleichen Geld bestehen. Durch den höheren Preis wird zwar hier die Nachfrage nach Arbeitskraft noch weiter zurück gehen als bei schwierigerer Arbeit, doch entweder Arbeit, deren Bezahlung zuvor knapp unterhalb des Mindestlohnes lag, wird deutlich höher als vorher entlohnt oder diese Stellen werden deutlich unbeliebter sein als noch mit niedrigerer Bezahlung. Dieses Problem (nicht jedoch alle im eigenständigen Artikel aufgeführten!) könnte freilich durch einen mit Augenmaß festgelegten, berufsspezifischen Mindestlohn umgangen werden, doch wer soll diese Entscheidung treffen? Dass planwirtschaftliche Ansätze mit Steuerung durch den Staat meist ineffizient sind, lässt sich wohl kaum bestreiten und eigenverantwortliche Verhandlungen (z.B. durch Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften) samt Rechtsverbindlichkeit der Ergebnisse fallen in meinen Augen nicht unter den Begriff „Mindestlohn“. Wenn sie das doch tun, ist der Ruf nach einer Einführung ohnehin absurd, denn Tarifverträge gibt es schon lange und ihre Ausweitung dieser auf mehr oder gar alle Beschäftigungen verdient einen anderen Namen.

Es bleibt also die Situation, dass Lohnzuzahlungen und Sozialhilfe den Markt verzerren und Umverteilung des Kapitals von Arm nach Reich fördern. Mindestlohn kann einige dieser Probleme beheben, wirft aber neue auf. Eine komplette Abschaffung der sozialen Leistungen würde dagegen natürlich alle Probleme, die durch diese Maßnahmen hervorgerufen werden, aus der Welt schaffen, auf der anderen Seite aber zu starker sozialer Unsicherheit und Ungerechtigkeit, sowie unzumutbaren Verlustängsten und menschenunwürdiger Armut führen.

1) Viele würden es neoliberal nennen, aber das tut dem wirklichen Neoliberalismus (Mitte zwanzigstes Jahrhundert) Unrecht.

Mindestlohn

Mindestlohn ist ein gesetzlich verordneter Minimallohn, der bei einem Beschäftigungsverhältnis mindestens bezahlt werden muss. Das Ziel dahinter, dass jeder von dem Geld, das er verdient, leben können und meiner Betrachtung nach auch am Markt mitbestimmen soll, ist wohl für jeden einsichtig und nachvollziehbar. Ob das Mittel, einen gesetzlichen Mindestlohn festzulegen aber sinnvoll gewählt ist, sogar ob er überhaupt diesen Zweck erfüllt, ist sehr umstritten.

Die Befürworter gehen davon aus, dass durch diese Maßnahme jeder, der unterhalb des Existenzminimums verdient, per Verordnung mehr Geld bekommt und künftig von seinem Geld leben kann. Mindestlohn gibt es in sehr vielen europäischen Staaten, werden Bedenken zerstreut. Doch es gibt auch Gründe, die gegen diese Vorstellung sprechen:

  • Für mehr Geld würden viele Menschen überhaupt gar nicht eingestellt. Wenn etwas teurer ist, leistet man sich weniger davon.
  • Wenn viele Menschen plötzlich mehr Geld verdienen, müssen ihre Arbeitgeber die Preise erhöhen, um sie zu bezahlen. Durch die größere Kaufkraft passiert das mittelfristig auch bei nicht durch den Mindestlohn betroffenen Betrieben. Die Folge ist eine verstärkte Inflation, an deren Ende das Minimalgehalt wieder unterhalb des Existenzminimums liegt. Mindestlohn wäre also wirkungslos und würde bei nicht erfolgender Lohnerhöhung bei anderen Arbeitnehmern mittelbar den Lebensstandard der Normalverdiener gefährden.

Die Praxis in anderen Staaten spricht auch nicht gegen diese Punkte, denn hier betrifft dieser im Gegensatz zum deutschen kaum jemanden. Somit lässt sich Mindestlohn als Kurzschluss sehen, der bei näherer Analyse kaum einen oder gar negative Effekte hätte.

Nähere Betrachtung

Nachdem nun mehrfach in Kommentaren unterstrichen wurde, dass gleiche Gewichtung der Wähler zentrale Rolle in der Demokratie spiele, bin ich auf die Idee gekommen, dass soziale Grundsicherung als eine Art Kompensation für die ungleichmäßige Stimmverteilung angesehen werden könnte. Nach längerer Überlegung sind mir noch weitere Mechanismen aufgefallen, die ähnliche Effekte haben. So besitzen wir ein progressives Steuersystem, das besser Verdienende nicht nur absolut sondern auch prozentual gesehen stärker belastet. Ich werde nun in den folgenden Beiträgen jeweils verschiedene Formen der Kapitalumverteilung von Reich nach Arm (Weiß jemand ein besseres neutrales Wort?) untersuchen und feststellen, in wie fern sie die in meinem letzten Betrachtung aufgezeigten Verstöße gegen Wahlrechtsgrundsätze beseitigen und in wie fern sie neue Probleme aufwerfen.