Vollbeschäftigung

Die liberale Wirtschaftswelt geht oftmals davon aus, dass bei genügend hoher Beschäftigungsquote die Löhne zwangsläufig hoch genug ausfallen, um gut davon zu leben. Um also den Güterstrom mit seinen Dollarstimmen (siehe Kaptitalismus ist Demokratie) an den für den Wohlstand dienlichsten Ort zu lenken. Dieser Grundgedanke an sich ist gar nicht so falsch: Wenn man das Gesetz von Angebot und Nachfrage zugrunde legt, steigt mit höherer Nachfrage und konstantem Angebot unweigerlich der Preis für die Ware Arbeit. Doch hier stellt sich sogleich die nächste Frage: Wie erreicht man eine erhöhte Nachfrage nach Arbeitskraft?

Die Faustformel der Wirtschaftsliberalen ist einfach: Mehr Wirtschaftswachstum führt zu mehr Arbeitsplätzen. Tendenziell mag diese Aussage zutreffen – zumindest insofern das Produktionsmittel Arbeit für dieses Wachstum zunehmend benötigt wird, allerdings kann Wirtschaftswachstum auch ganz banal über neue, bessere und mehr Maschinen, durch eine härter arbeitende Minderheit, durch Handel von Immaterialgütern, oder durch vieles anderes erzeugt werden. Zudem wird es in einer größer werdenden Wirtschaft zunehmend schwieriger hohe Wachstumsraten zu erzielen, sogar wenn diese ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit – durch Steuergeschenke, Umweltsünden und Ausbeutung – erreicht werden sollen. Das ein freier Markt nicht automatisch zu Vollbeschäftigung und somit zu ausreichenden Löhnen tendiert, legte z.B. der Ökonom John Maynard Keynes dar. In dieser Tradition wurde auch der Neoliberalismus begründet, der sich – entgegen weitläufiger Meinung auch seiner Kritiker – gegen die uneingeschränkte, freie Marktwirtschaft richtet und u.a. zur Entstehung der Sozialen Marktwirtschaft geführt hat.

Liberale Wirtschaftstheoretiker haben also schon lange herausgefunden, dass der Ansatz, einen möglichst freien Markt zu erzeugen, nicht fruchtet. Ebenso wurde gezeigt, dass kein noch so hohes Wirtschaftswachstum eine Vollbeschäftigung erzeugen kann. Alternative Ansätze wurden bisher kaum angepackt, und so verliert sich die liberale Wirtschaftspolitik in dem verzweifelten Versuch durch immer mehr und noch mehr Freiheiten für die Akteure am Markt und durch immer neue Geldspritzen die Wirtschaftskraft immer mehr zu erhöhen, um so der Hoffnung auf ein ausreichendes Einkommen für jeden genüge zu tun. Doch leider ist dieses Spiel vergebens und richtet teilweise irreparablen Schaden an.