Angesichts der vielen Wahlen, die momentan auf uns zukommen, ist mir ein Gedanke gekommen: Im Grunde sind Wahlen wetten. Es gibt eine große Auswahl an Kandidaten und als Wähler kann man seinen Tipp abgeben, welcher davon wohl nach der Wahl am ehesten das tun wird, was man sich von der Politik wünscht. Allein, weil in den folgenden Jahren Entscheidungen anstehen, die nicht vorherzusehen waren, kann man es nicht vorher wissen. Der Wahlschein ist ein Wettschein, man muss schätzen.
Welche möglichen Handlungsmuster ergeben sich also für einen Wähler? Entweder man richtet sich nach den Wohlprogrammen und hofft, dass die Versprechen eingelöst werden, oder man wählt basierend auf dem, was die Kandidaten vorher gemacht haben. Oder man mischt beides zu beliebigen Anteilen. Aber auch Nichtwählen kann eine rationale Entscheidung sein: Wenn man sich selbst die Entscheidung nicht zutraut, aber glaubt, dass die anderen „richtig“ wählen werden. Das kann passieren, wenn Politiker sich nicht oder nur sehr schwer einschätzen lassen. Wenn schon vor der Wahl erst das eine und dann das andere gefordert wird und auch die Versprechen aus dem Wahlkampf höchstwahrscheinlich Lügen oder sonst wie unerfüllbar sind.
Diese Möglichkeit funktioniert allerdings nur so lange, wie die „klugen Anderen“ in meinem Sinne entscheiden. Und das ist nur begrenzt der Fall – andere Menschen haben oft andere Interessen. Das Resultat ist ein Dilemma: Ich weiß nicht wen ich wählen soll, die anderen wählen aber auf jeden Fall die Falschen.
Aus dieser Falle heraus führen können nur die Kandidaten – durch klare Profile und durch Werbung für die eigene Sache. Dazu gehört im Idealfall auch, die eigene Politik nicht an alle verkaufen zu wollen. Wird nur ein bestimmtes Klientel angesprochen, fällt es diesem leichter, sich zu entscheiden. Für die eigene Sache zu werben heißt aber auch, nicht gegen andere Parteien, die eigentlich der eigenen Meinung sind. Natürlich wünscht man sich, dass man selbst gewählt wird – niemand sonst will so exakt das gleiche. Doch fällt einem Wähler die Entscheidung ohnehin schwer, wird er durch Antiwerbung womöglich verwirrt. Oder aber er erkennt einen Kandidaten als Karrierepolitiker, der einer Partei nicht aber der Sache dient. In beiden Fällen gewinnen die politischen Gegner.
Wichtig ist es also, die eigenen Positionen klar und konsequent herauszuarbeiten. Wer dem Wähler dagegen nach dem Mund redet, verwirrt und verliert am Ende vielleicht sogar seine Stammwählerschaft. Und Attacken gegen andere Parteien, die nicht ausschließlich programmatische Unterschiede herausheben sollen, können den Wähler sogar entmutigen, überhaupt eine Stimme abzugeben. Denn wer die richtige Auswahl der nächsten Lottozahlen für einfacher hält als die eines geeigneten Volksvertreters, der wird gleich zuhause bleiben.